Lernstudio

Das LERNSTUDIO – ein Ort individueller Förderung

1. Entstehungsgeschichte

Bereits seit Jahren findet in der Realschule Lemgo das Gemeinsame Lernen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Unterstützungsbedarfen oder Behinderungen statt. In vielen Klassen werden Schülerinnen und Schüler gemeinsam von Fach- und Förder-Schullehrerinnen bzw. -lehrern unterrichtet und von pädagogischem Fachpersonal (bspw. Schulbegleiterinnen und -begleitern) unterstützt.

Viele Kinder mit Unterstützungsbedarfen benötigen oftmals mehr Zeit und eine ruhige Lernumgebung, um einzelne Teilbereiche üben bzw. erarbeiten und Konflikte klären zu können, was zunächst einmal mit den relativ starren Zeiteinheiten des Stundenplanes nicht vereinbar erscheint. Die Schülerinnen und Schüler müssen Grundfertigkeiten trainieren, die ihre Mitschülerinnen und Mitschüler bereits können und sollen das bei Bedarf auch in einem geschützten Raum tun können, um dadurch nicht sozial ausgegrenzt zu werden. Darüber hinaus benötigen sie häufig die direkte Unterstützung einer Lehrkraft für die Erarbeitung einzelner Inhalte, um dann wieder im Klassenverband mitarbeiten zu können. Zudem zeigt sich im Ganztagsbetrieb, dass es vielen Schülerinnen und Schülern mit besonderen Unterstützungsbedarfen deutlich schwerer fällt, über den gesamten Schultag konzentriert bzw. mit der erforderlichen Aufmerksamkeit am Unterricht teilzunehmen. Hier müssen zusätzliche Pausenzeiten eingerichtet und Rückzugsmöglichkeiten bereitgestellt werden.

Um den vielen oben genannten Anforderungen und Bedürfnislagen trotz „überschaubarer“ Ressourcen gerecht werden zu können, wurde das Lernstudio eingerichtet.

2. Was ist ein LERNSTUDIO?

Ein Lernstudio ist zunächst einmal ein Klassen- bzw. Differenzierungsraum, der in seiner Funktion verändert wird. Klassischer Unterricht mit einer großen Lerngruppe findet hier nicht statt. Vielmehr erfüllt das Lernstudio mehrere Zwecke: als Büro werden hier Elterngespräche, Beratungen und Koordinierungsmaßnahmen mit außerschulischen Einrichtungen, wie beispielsweise der Agentur für Arbeit oder anderen Bildungsträgern, durchgeführt und Unterrichtsmaterialien entsprechend der individuellen Bedürfnislage angefertigt bzw. in einem Medienpool zusammengestellt. Für die Schülerinnen und Schüler (mit und ohne Unterstützungsbedarf) ist das Lernstudio darüber hinaus ein verlässlicher Anlaufpunkt innerhalb der Schule mit einem Ruhe- und einem Aktivitätsbereich.

Hier können sich die Schülerinnen und Schüler in der „Chill- Ecke“ ausruhen und in den Mittagspausen erholen oder am Boxsack mal so richtig „Dampf ablassen“. Im Lernbereich können die Schülerinnen und Schüler je nach Bedarf in ruhiger und reizarmer Atmosphäre am Förderunterricht teilnehmen oder in speziellen Trainings ihr Arbeits- bzw. Sozialverhalten und ihre Konzentrationsfähigkeit verbessern. Schülerinnen und Schüler, die zum konzentrierten Arbeiten eine entsprechend reizarme Umgebung benötigen, können hier zudem ihre Klassenarbeiten oder andere Leistungsüberprüfungen anfertigen. Darüber hinaus stehen den Schülerinnen und Schülern im Lernstudio noch Computerarbeitsplätze zur Verfügung. Personell soll das Lernstudio nach Möglichkeit während der gesamten Unterrichtszeit mit mindestens einer Lehrkraft besetzt sein. Der Besuch im Lernstudio ist eindeutig organisiert bzw. geregelt: die Schülerinnen und Schüler, die dauerhaft oder temporär einen besonderen Bedarf aufweisen, erhalten dafür von ihren Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern einen Pass, in dem dann eingetragen wird, wann der Besuch erfolgt ist. Dabei wird großer Wert auf Freiwilligkeit gelegt – die Schülerinnen und Schüler sollen gern das Lernstudio besuchen. Das Lernstudio grenzt sich somit deutlich von anderen Konzepten, wie bspw. dem Trainingsraum, ab. Die Arbeit im Lernstudio ergänzt dabei an den Stellen den gemeinsamen Unterricht in der Klasse, an denen noch einmal eine „Extraportion“ Förderung notwendig ist. Aus diesem Grund ist der Unterricht im Lernstudio immer nur für einen begrenzten Zeitraum bzw. mit vorher definierten Zielen möglich und auf keinen Fall eine „Dauerlösung“ für einzelne Schülerinnen und Schüler. Grundsätzlich wird an beiden Schulen das Lernstudio als ein Ort individueller Förderung für alle Schülerinnen und Schüler verstanden, unabhängig von der Kategorisierung behindert oder nicht behindert. Damit möchte man mittelfristig dem inklusiven Bildungsgedanken Schritt für Schritt ein großes Stück näherkommen.

3. Beteiligte Netzwerke / Kooperationen

Innerhalb der Schule ist das Lernstudio ein Ort, an dem sich multiprofessionelle Teams (Lehrkräfte, Sonderpädagoginnen und -pädagogen, Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter, StuBo- Koordinatorinnen und -koordinatoren, Abteilungsleitungen, Eltern und natürlich auch Schülerinnen und Schüler als Expertinnen und Experten für sich selbst) treffen und dort zusammenarbeiten können.

4. Erfahrungswerte

Alle Beteiligten haben bisher durchweg positive Erfahrungen mit der Arbeit im Lernstudio gemacht. Das Lernstudio ist ein zentraler Ort, an dem Hilfestellungen unterschiedlicher Art von Kindern, aber auch von Kolleginnen und Kollegen „abgerufen“ bzw. „eingefordert“ werden. Darüber hinaus können die knappen Ressourcen (Räumlichkeiten und Personen) spürbar effektiver und zielgerichteter eingesetzt werden. Konflikte im Unterricht werden vielfach durch entsprechende Präventionsmaßnahmen oder durch Hilfestellungen im Akutfall „entschärft“. Kurzum: Das Lernstudio ist eine beliebte und nützliche Anlaufstelle im Rahmen der inklusiven Schulkultur, also der gemeinsamen Förderung aller Schülerinnen und Schüler.

Tag der offenen Tür 2021