Was geht mich das an?

Nationalsozialismus reflektieren – eigene Lebenswelt besser verstehen

Dieser Frage haben sich die Schüler*innen der 10c an der Realschule der Alten Hansestadt Lemgo an vier Projekttagen, anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar, genähert. Ein Arbeitsschwerpunkt war, unter der Leitung der Theaterpädagogin Bettina Frank aus Berlin und auf Initiative des Schulreferenten Andreas Mattke sowie durch finanzielle Förderung vom Referat Kirche und Schule der Lippischen Landeskirche, nicht nur die Geschichte und Erinnerung an den Schrecken vor über 77 Jahren wachzuhalten, sondern die Zeit des Nationalsozialismus zu reflektieren, um die eigene Lebenswelt besser zu verstehen und zu befragen.

Junge Menschen müssen die Geschichte nicht mehr abwehren und fühlen sich durch den Gräuel oft nicht mehr betroffen oder zu Schuldgefühlen verpflichtet. Hierin bestand die Chance, sich während des Workshops emotional auf die Verbrechen der Zeit, die Opfer, die Täter, aber auch auf das Mitlaufen sowie Zuschauen in einer fehlgeleiteten Gesellschaft, einzulassen. Dies geschah sprichwörtlich durch Betreten historischer Fotoaufnahmen aus Lemgo, ganz ohne vorgeschriebenes Textbuch, allein mit den eigenen Gedanken.

Darauf musste man sich erstmal einlassen, so der O-Ton der Schüler*Innen, aber dann wurde die ganze Aktion „rund“. In Auseinandersetzung mit den Nürnberger Rassegesetzen wurde nur zu deutlich, welche Freiheiten wir in der Wahl unserer Religion, des Berufs, der Unterhaltung und des Konsums haben. Wie frei wir uns entfalten und unsere Identität selbst entwickeln können, so schwer dies manchmal fallen mag, im Gegensatz zum Führerkult und Gehorsam während der Nazizeit.

Der theaterpädagogische Zugang bot die Möglichkeit des Perspektivenwechsels und führte dazu, genauer hinzuschauen, wie sich die heutige Gesellschaft und im Kleinen auch der Schulalltag entwickeln. Die Vorstellung der Projektarbeit im 10. Jahrgang führte zu einer Auseinandersetzung mit diesem Teil der deutschen Geschichte und ermöglichte den Schüler*innen einen regen Diskurs, um zu fragen, wer sie selbst sein möchten, wie sie auf aktuelle gesellschaftliche Probleme wie Rassismus, Ausgrenzung, Beleidigungen und Homophobie oder die Gefährdung von Demokratien reagieren können und wollen.

Das Projekt zeigte, wie wichtig den Schüler*innen der Austausch war, auch hinsichtlich des Zugangs, fern der Lehrbücher und Schulbänke. Denn neben dem überaus ernsten Thema, boten Sprech-, Lauf- und Spielübungen auch allerhand Grund zur Freude und stärkten das Wir-Gefühl an der Realschule Lemgo nachhaltig.

Jannik Hollmann und die 10c